Inventur
Die Inventur ist ein Prozess der systematischen und umfassenden Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände, Schulden und finanziellen Verpflichtungen eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ziel der Inventur ist es, einen genauen Überblick über den Bestand an materiellen und immateriellen Gütern sowie über die finanzielle Situation des Unternehmens zu erhalten.
Arten der Inventur
Es gibt verschiedene Arten der Inventur, die je nach den Bedürfnissen und Anforderungen eines Unternehmens oder einer Organisation angewendet werden.
Stichtagsinventur: Erfassung aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu einem festgelegten Zeitpunkt. Dieser Zeitpunkt wird als Stichtag bezeichnet. Die Stichtagsinventur ist die klassische Form der Inventur.
Permanente Inventur: Laufende und regelmäßige Erfassung von Beständen während des laufenden Geschäftsbetriebs. Hierbei werden die Bestände fortwährend aktualisiert, was besonders in Unternehmen mit häufigem Lagerumschlag vorteilhaft ist.
Stichprobeninventur: Erfassung von repräsentativen Stichproben, die dann auf den Gesamtbestand hochgerechnet werden. Dies ermöglicht eine schnellere und effizientere Inventur, insbesondere in großen Unternehmen.
Wertinventur: Statt physischer Zählung werden die Bestände anhand ihrer Werte erfasst. Dies kann beispielsweise durch Bewertung anhand von Buchwerten oder Marktpreisen erfolgen.
Buchinventur: Die Bestände werden auf Grundlage der Buchführung und Buchwerte erfasst. Dies kann z. B. die Grundlage für die Überprüfung der Buchführung auf Richtigkeit und Vollständigkeit sein.
Sonderinventur: Eine Inventur, die außerhalb der regulären Inventurtermine durchgeführt wird, beispielsweise bei Unternehmensfusionen, -aufspaltungen oder anderen besonderen Ereignissen.
Pflicht zur Inventur
In Deutschland ist die Inventurpflicht gesetzlich im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Nicht verpflichtet sind gemäß § 241a HGB Kaufleute, die innerhalb von 2 Wirtschaftsjahren an den Stichtagen einen Umsatz von unter 600.000 € sowie einen Jahresüberschuss von unter 60.000 € erzielt haben und Kaufleute, welche diese Größenkriterien bereits mit dem ersten Stichtag einhalten, wenn Sie ein Unternehmen neu gegründet haben.
Zudem gilt noch folgendes:
Zeitpunkt der Inventur: Die Inventur ist zum Ende des Geschäftsjahres durchzuführen. Der genaue Zeitpunkt kann variieren, sollte jedoch am Bilanzstichtag erfolgen.
Dokumentationspflicht: Die Ergebnisse der Inventur müssen sorgfältig dokumentiert werden. Dazu gehören Inventurlisten, Anlagenverzeichnisse und gegebenenfalls eine Bewertung der Vermögenswerte.
Bewertung der Vermögensgegenstände: Die bewerteten Vermögensgegenstände müssen in der Bilanz zu den jeweiligen Bilanzierungsgrundsätzen (z. B. Anschaffungskosten oder Herstellungskosten) ausgewiesen werden.
Pflicht zur Bestandsaufnahme: Alle Vermögensgegenstände und Schulden müssen erfasst werden, um eine genaue Bestandsaufnahme zu gewährleisten.
Durchführung der Inventur
Die Inventur kann auf drei verschiedenen Arten durchgeführt werden. Die Wahl der Inventurart hängt von der Art der Vermögensgegenstände ab, die erfasst werden sollen, sowie von den wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Durchführung der Inventur.
Körperliche Inventur: Erfasst materielle Vermögensgegenstände durch Wiegen, Messen oder Zählen. Bei ungenauen oder wirtschaftlich nicht vertretbaren Messungen, wie bei Sandvorräten, ist eine Schätzung mit anschließender Bewertung zulässig.
Buchinventur: Erfasst immaterielle Vermögensgegenstände und Schulden, wie Bankguthaben und Verbindlichkeiten.
Anlageninventur: Teil der Anlagenbuchhaltung, ersetzt die körperliche Inventur für bewegliches Anlagevermögen wie Maschinen, Firmenwagen und Büroausstattung.
Erstellung eines Anlagenverzeichnisses mit Anlagenkarteikarten, die Informationen wie Bilanzwert, Herstellungs- oder Anschaffungsdatum, genaue Bezeichnung, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, jährliche Abschreibung, Nutzungsdauer und Abgangsdatum enthalten.
Grundsätze der Inventur
Grundsatz der Vollständigkeit: Es ist erforderlich, alle Vermögensgegenstände und Schulden lückenlos und fehlerfrei zu erfassen, um ein vollständiges Bild der finanziellen Situation zu erhalten.
Keine Doppelzählungen: Jedes Gut muss einzeln erfasst werden, um Doppelzählungen zu vermeiden und eine genaue Bestandsaufnahme sicherzustellen.
Richtigkeitsgebot: Die angewandten Inventurmethoden müssen korrekt durchgeführt werden. Alle Güter müssen nach ihrer Art, Menge und ihrem Wert korrekt angegeben werden, um die Genauigkeit der Bestandsaufnahme zu gewährleisten.
Nachprüfbarkeit der angegebenen Daten: Das Inventar muss so aufgestellt werden, dass es von einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachvollzogen werden kann. Dazu gehören klare Mengenangaben, nachvollziehbare Bezeichnungen, eine Unterschrift auf dem Inventar und die Aufbewahrung des Inventars und der Unterlagen für mindestens 10 Jahre.